+49 (0)30 / 864 218 45 redaktion@inamo.de
inamo 83, Jemen

INAMO 83, «Jemen»

Heft Nr. 83
Jahrgang 21, Herbst 2015, 74 Seiten
Oktober 2015

Mit Beiträgen von:

Kai Hafez, Marie-Christine Heinze, Anne-Linda Amira Augustin, April Longley Alley, Nabeel Khoury, Michael Horton, Judit Kuschnitzki, Iris Glosemeyer, Ozan Keskinkιlις, Shamus Cooke, Sascha Radl, Ali Fathollah Nejad, Amira Hass, Mohammad Raba´a, Roman Deckert, Julia Joerin, Sofian Philip Naceur, Harald Möller, Manuel Dominguez, Werner Ruf, Jörg Tiedjen

Inhalte im Schwerpunkt

Marie-Christine Heinze: Krieg im Jemen: Fronten, Akteure, Ausblick

Am 25. März 2015 begann Saudi-Arabien in einer Koalition mit neun anderen, größtenteils arabischen Staaten mit dem Bombardement der Hauptstadt Sana‘a die Operation „Decisive Storm“ im Jemen. Nur kurz zuvor war Präsident Abd Rabbuh Mansur Hadi aus Aden, der größten Stadt im Süden des Landes, vor den anrückenden Huthi/Salih-Milizen geflohen. Diese hatten am selben Tag eine strategisch wichtige Militärbasis nördlich von Aden eingenommen. Seit Beginn der Operation „Decisive Storm“, die am 21. April in Operation „Restoring Hope“ umbenannt wurde, sind im Jemen nach Angaben der VN über 4.500 Menschen getötet und über 23.000 verletzt worden, darunter viele Zivilisten (BBC 24.8.2015). Bemühungen um einen Waffenstillstand dauern an, während das Land von Tag zu Tag weiter ins Chaos gleitet. Dieser Beitrag zeichnet die Entwicklungen im Jemen seit Ende März dieses Jahres nach und erläutert die Rolle der einzelnen Akteure im aktuellen Konflikt.

Anne-Linda Amira Augustin: „Aden wird siegen“ – Der Südwiderstand auf dem Weg zur Unabhängigkeit?

Seit dem Krieg ab Ende März 2015 durchzog der Slogan „Aden wird siegen“ die von Südjemeniten verwendeten sozialen Medien und ihre WhatsApp-Profilbilder. Doch was bedeutet es, wenn „Aden siegen wird“ beziehungsweisekann Aden überhaupt einen Sieg davon tragen? In diesem Beitrag werden verschiedene Positionen involvierter Akteure des Jemen-Krieges, besonders des Südwiderstandes, analysiert. Diese Akteure wie der Südwiderstand, die Militärkoalition unter saudischer Führung, aber auch die Exilregierung von Präsident Abdu Rabbuh Mansour Hadi vertreten unterschiedliche Interessen, arbeiten jedoch teilweise gegen die Huthi-Milizen und die Anhänger des ehemaligen Präsidenten Ali Abdallah Saleh zusammen.

Interview mit April Longley Alley (ICG) – Schnelle Gedanken über den Jemen-Konflikt

Ende März 2015 hat eine Koalition von Staaten unter Führung Saudi-Arabiens eine militärische Kampagne gegen den Jemen begonnen, die aus intensiven Luftangriffen, der Bewaffnung lokaler Verbündeter und einer de facto See- und Luftblockade des Landes bestand. Anfangs „Operation Decisive Storm“ später, dann „Operation Restore Hope“ genannt, dauert sie bis heute an. Riyadh begründete seine Kampagne mit den jüngsten territorialen Gewinne von Jemens Huthi-Bewegung und dem Sturz des Präsidenten Abd-Rabbu Mansur Hadi und seiner Regierung und versprach, dass beides schnell rückgängig gemacht würde. Vier Monate später scheint keines der beiden Ziele in Reichweite zu sein, noch ist ein Ende des Konfliktes durch Verhandlungen in Sicht.

April Longley Alley und Nabeel Khoury: Zum Eingreifen der USA in den Krieg

Saudi-Arabien, Verbündeter der USA, führt Krieg gegen die Huthi-Rebellen im Jemen. Doch nach fast fünf Monaten haben die Huthis sich in den eroberten Gebieten verschanzt, al-Qa´ida und der Islamische Staat (ISIS oder ISIL) haben an Boden gewonnen und der Krieg hat eine humanitäre Katastrophe ausgelöst; bislang gab es mehr als 4000 Todesopfer, und Hilfsorganisationen warnen vor einer bevorstehenden Hungersnot.

Michael Horton: Saudi-Arabiens Jemen Strategie: Teile und herrsche

Bündnispartner Saudi-Arabiens in diesem Krieg ist das US-Militär. Es bietet seinem Bündnispartner logistische und nachrichtendienstliche Unterstützung. Michael Horton schreibt, dass das Ergebnis die Vernichtung des Landes ist: Schon nach 11 Wochen seien 50 Jahre Fortschritt im Jemen vernichtet worden. „Luftschläge haben Straßen, Brücken, Universitäten, Museen, historische Stätten, Fabriken und Hunderte von Wohnhäusern, sogar ganze Dörfer zerstört.“

Judit Kuschnitzki: Die Politisierung des jemenitischen Salafismus

Der Beginn der Salafi-Bewegung im Jemen reicht nach allgemeiner Auffassung in die frühen 1980er zurück, als das Lehrinstitut Dar al-Hadith im Norden des Landes gegründet wurde. Dem Institutsgründer Muqbil al-Wadi’i wird eine Schlüsselrolle in der Verbreitung salafistischer Anschauungen und Konzepte zugeschrieben.

Iris Glosemeyer: Dr. Muhammad Abdulmalik al-Mutawakkil 1942-2014

Inhalte im allgemeinen Teil

Ozan Keskinkιlις: Montagsspaziergang – PEGIDA in der Orientalismus-Kritik

Mit dem Ende 2014 von Lutz Bachmann gegründeten Verein „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, kurz PEGIDA,  und den durch diesen Verein  regelmäßig veranstalteten Montagsdemonstrationen in Dresden erweitert sich das Spektrum kontroverser Debatten um Rassismus in der Mitte der Gesellschaft. Vorwürfe und Kritik kollidieren mit Forderungen nach Dialog und Verständnis, und nicht zuletzt mit der Leugnung rassistischer Strukturen. Z.B. hat Bundesentwicklungsministers Gerd Müller (CSU) in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse erklärt, die Sorgen und Ängste der Bürger ernst zu nehmen. Der Mehrzahl der PEGIDA-Demonstranten könne, so Müller, kein Rassismus vorgeworfen werden (Passauer Neue Presse vom 02.01.2015). Politische Äußerungen wie diese entziehen sich aber der tiefgehenden Analyse sozialer Dynamiken im Kontext von Sprache, Macht und Repräsentation und bleiben eine generelle Definition von Rassismen im Erklärungsnarrativ schuldig.

Shamus Cooke: Die Hintergründe des medialen Angriffs auf Seymour Hersh

Er ist der höchstrespektierte Journalist der US-amerikanischen Geschichte, und seit Jahrzehnten hat Seymour immer wieder große internationale Affären ans Licht der Öffentlichkeit gebracht, was ihm – neben anderen angesehenen journalistischen Auszeichnungen – den Pulitzer-Preis eingebracht hat. „Mehr als ein Journalist“ ist die Hauptüberschrift von Shamus Cooke´s Artikel.

Sascha Radl: Abdel Fattah el-Sisis neoliberale Visionen

Abdel Fattah el-Sisi stürzte im Sommer 2013 den gewählten Präsidenten Mohamed Mursi. Seitdem ist el-Sisi bekannt für sein aggressives Vorgehen gegen die Opposition und die enorme Unterstützung, welche er aus den Golfstaaten erfährt. Derweil ist über seine Wirtschaftsstrategie nur wenig veröffentlicht worden, Großprojekte wie die Erweiterung des Suezkanals oder der Bau einer neuen administrativen Hauptstadt werden von vielen Seiten nicht ernst genommen. Doch selbst wenn einige Bereiche der neuen ägyptischen Politikausrichtung ungeordnet erscheinen mögen, so trifft das nicht auf die Wirtschaft zu. Dem Regime stehen Berater von internationalem Rang zur Verfügung, die eine Strategie verfolgen, welche bei den neoliberalen Reformen Mubaraks ansetzt, diese extrem ausweitet und die Gesellschaft einem solchen Modell unterordnet. Davon profitieren neben el-Sisi eine Reihe von Unternehmen, welche vor allem aus den Golfstaaten kommen.

Literaturverzeichnis als pdf

Ali Fathollah Nejad: Iran Analysen: Zwischen politischem Kalkül und Wunschdenken

Bei der Betrachtung vieler politischer Analysen zu Iran seit der Amtsübernahme des neuen Präsidenten Hassan Rohani im August 2013 kommt man nicht umhin, eine deutliche Umkehr in der Tendenz der politischen Berichterstattung zu konstatieren: Während Iran zu Zeiten seines Vorgängers Mahmoud Ahmadinejad als nichts weniger als die Inkarnation des Bösen porträtiert wurde, so erscheint dasselbe Land heutzutage in nahezu gleißendem Licht positiver Berichterstattung. Wohlgemerkt, beide Narrative waren und sind kaum geeignet, um die komplexen Realitäten in der Islamischen Republik zu erfassen. Sicherlich kann die Euphorie vieler Kommentatoren angesichts der Ablösung des Rechtspopulisten Ahmadinejad nachvollzogen werden, eine Beschönigung der Lage unter Rohani ist allerdings kaum zu rechtfertigen.

Amira Hass: Für Israel erscheint Goliath als Opfer

Ein israelischer Knesset-Abgeordneter sagt, der Philister-Riese hatte das Recht, sich gegen David zu verteidigen …Goliath hatte auch das Recht, sich gegen David zu verteidigen. Das ist es, was wir unter den Worten des MK Nissan Slomansky , Vorsitzender des Komitees für Verfassung-, Gesetz- und Gerechtigkeit in der Knesset, verstehen können, als er eine Gesetzesvorlage für härtere Strafen für Steinewerfer vorstellte. „David tötete Goliath, den stärksten Philister, mit einem Stein,“ sagte Slomansky. „Mit andern Worten, ein Stein kann töten.“

Mohammad Raba´a: Wadi Barada – Opposition und Regime im Kampf um das Wasser

Seit Monaten toben heftige Kämpfe im Qalamun Gebirge und im vorgelagerten Barada-Tal, das zwischen der syrischen Hauptstadt Damaskus und der Bergregion liegt. Es geht um nichts weniger als um die Kontrolle der Wasserversorgung von Damaskus und die Sicherung der strategisch lebensnotwendigen Nachschubrouten für Regierung und Opposition gleichermaßen. Eine Reportage von Mohammad Raba´a.

Roman Deckert und Julia Joerin: Politik und Regime erneuern sich – egal wie, wenn es funktioniert

Sofian Philip Naceur: Ausbau des Suezkanals – Wirtschaftlicher Impulsgeber oder politisches Ablenkungsmanöver?

Harald Möller: 2. Juni 1967 – Der Schah-Besuch in Berlin und die beiden deutschen Staaten

In den Jahren 1967/68 entstand eine antiautoritäre Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland. Dabei spielten scheinbar weit abliegende Themen wie die Situation in Vietnam und Iran eine wichtige Rolle, aber auch der Umgang von Politik, Justiz und Polizei mit Kritik an den dortigen Verhältnissen. Im Folgenden wird ausführlicher auf ein Fallbeispiel eingegangen, das wesentlich zur Entstehung dieser Bewegung beitrug, nämlich auf die Ereignisse am 2. Juni 1967 in Berlin.

Manuel Dominguez: Meriam Hassan, die große Stimme des saharauischen Haul ist verstummt.