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„Die 5 Dinge, die der Westen sofort tun müsste, um den Krieg in Syrien zu beenden“.
Der Erzbischof von Aleppo Joseph Tobij lebt wie weitere 1,3 Mio. Syrern im Westteil der Stadt, der
sich unter der Kontrolle der Regierung befindet. Im flächenmäßig etwa gleich großem Ostteil, den
die „Rebellen“ von AlNusra und ihren Verbündeten beherrschen, halten sich noch knapp 300.000
Menschen auf. Eingeladen von der 5 -Sterne Bewegung hat Erzbischof Tobji am 5.10.16 auf einer
Pressekonferenz in der Italienischen Abgeordnetenkammer erklärt:
„Mit aller Deutlichkeit möchte ich vor allem sagen: Schluss mit dem Krieg.“
Ich lebe im Westteil von Aleppo. Wir sind jeden Tag mit dem Tod, mit Raketen, Mörser
und Kannonenschüsse sowie Scharfschützen konfrontiert. Die Terroristen schießen überall. Wenn wir
solche Angriffe erleiden, können wir die Täter nicht als Rebellen bezeichnen. Allein in der letzten Woche hatten wir 75 Tote und 180 Verletzte. Gestern wurde die Universität getroffen.
Es gab viele Opfer. Jeden Tag gibt es Beerdigungen. Auch wenn wir zu hause bleiben,sind wir nicht sicher: die Häuser stürzen über deinem Kopf ein. Aleppo ist die zweite Stadt in Syrien. Dort lebten 4 Millionen Menschen. Jetzt ist sie halb zerstört. Unsere beide maronitischen Kirchen gibt es nicht mehr, viele Moscheen, Krankenhäuser, Wohnhäuser, Fabriken und Geschäfte liegen in Trümmern.“
Häufig haben wir keinen Strom und das geht so seit 5 Jahren. Ohne Strom kommt alles zum
Stillstand, es kann nicht gearbeitet werden. Seit 5 Jahren ist das Stromwerk in der Hand der
Terroristen. Häufig gibt es kein fließendes Wasser. Es ist deshalb normal geworden, sich vor den
Brunnen anzustellen, um seine Kanister zu füllen. Die alten Menschen müssen sie hinauf in ihre
Wohnungen tragen. Das Schlangestehen macht man unter dem Beschuss von Raketen…
Als Folge des Krieges und der Sanktionen herrscht große Armut.
Man spricht viel von Belagerungen: Der Westteil stand häufig unter Belagerung.
Die einzige Straße war von bewaffneten Gruppen blockiert und dann kam nichts durch, nichts.
Es gibt zahlreiche physische und psychische Erkrankungen. In dieser Situation warten alle darauf,
wann sie mit dem Sterben an der Reihe sind..
Die Medien sprechen nur von den Leiden unserer Brüder im Ostteil, nicht von unseren Leiden.Sie
zeigen ein armes Kind, das aus den Trümmern gezogen wurde, aber nicht die vielen anderen
getöteten oder verstümmelten Kinder im Westteil.
Ich betone: Es handelt sich nicht um einen Religionskrieg. Die Religion wird instrumentalisiert.
Der Krieg forciert die Emigration. Wir sind mittlerweile ohne Jugend, ohne Zukunft. Wer wird
unser Land wieder aufbauen? Wie wird Syrien in 30 Jahren aussehen?.Wird es seine Vielfalt
verloren haben?
Das sind unsere Forderungen,damit der Krieg ein Ende findet:
1. Schluss mit dem Waffenverkauf
2. Der Zufluss von Terroristen über die türkische Grenze ist zu beenden.
3. Schluss mit den Gehaltszahlungen an Terroristen
4. Die unmoralischen Wirtschaftssanktionen sind zu aufzuheben
5. Helft uns, das Leben wieder aufzubauen. Unterstützt Versöhnung und Übereinkünfte zwischen
den ethnischen und religiösen Gemeinschaften.

Quelle: Antidiplomatico: „Le cinque cose che voi occidentali dovreste fare immediatamente per
porre fine alla guerra in Siria“

Übersetzung: Bernd Duschner
Die Meldung über die Rede des Erzbishofs vor italienischen Abgeordneten wurde in der Tagesschau nicht gesendet.