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Gastkommentar

Ein halbgarer Konsens: Afghanistans Friedensjirga

Von Thomas Ruttig                                                                                     

 

Jemen – Zerrissene Einheit

Am Anfang war der Stamm                      

Von Elham Manea

Auf die Geschichte bezogen sagte Nazih Ayubi: „immer wenn konfessioneller Zusammenhalt mit Stammessolidarität zusammenfiel, dann war die Gruppe häufiger in der Lage, ein gewisses Maß an politischer Autonomie zu erlangen.“ Im jemenitischen Fall machten sich nach Einschätzung von Elham Manea jedoch zwei Stammesgruppen (die Qahtani und die Adnani) die Solidarität einer Konfessionsgruppe streitig; daher entstanden parallel zu einander zwei autonome politische Einheiten, die einander bekämpften. Darüber hinaus trieb die Konkurrenz zwischen sozialen Gruppen, die den beiden islamischen Strömungen der Schiiten/Zaiditen und der Sunniten/Shafiiten angehören und zwischen denen, die zwei verschiedenen schiitischen Gruppen (Zaiditen und Ismailiten) angehören, die Fragmentierung der jemenitischen Gesellschaft weiter voran und führte zu einem anhaltenden Kriegszustand und Instabilität.

 

Wer ist wirklich Zaidit? Identifikation und Spaltung anhand der politischen und religiösen Geschichte   

Von Damaris Pottek

Politische Spannungen im Jemen haben in letzter Zeit einen konfessionellen Charakter angenommen. Es wird zwar mehr als ein Drittel der Bevölkerung religiös-geschichtlich zur zaiditischen Rechtsschule gezählt, die offiziell seit Jahren neben Sunniten und einer ismailitischen Minderheit ein gleichwertiges Dasein führt. Bei politischer Identifizierung über die Zaidiyya  tun sich jedoch nicht nur Abgründe zum sunnitischen Teil der Bevölkerung auf, sondern auch  die Geister innerhalb der Zaidiyya spalten sich.

 

Auszug der Gläubigen – Der Huthi-Konflikt im Norden des Jemen

Von Marieke Brandt

Der Norden der Republik Jemen wird seit sechs Jahren von einem brutalen Konflikt erschüttert, der sich lange den Augen der Weltöffentlichkeit entzog und dessen Zerstörungen – darunter viele tausend Tote und hunderttausende Binnenvertriebene – bis heute weitgehend fern der medialen Berichterstattung stattfinden.

Dieser so genannte Huthi-Konflikt ist die Fortsetzung eines politischen Prozesses, der im 9. Jahrhundert mit der Etablierung der schiitisch-zaiditischen Imame im Nordjemen und ihrer tausendjährigen Herrschaft über das Land begann und schließlich, mit der Revolution 1962, zur Marginalisierung der vormaligen zaiditischen Eliten in der sunnitisch-schafiitisch geprägten Republik Jemen führte.

 

Stamm und Staat im Jemen: Rolle und Wandel

Von Sami Ghalib

Am 22. Mai vergangenen Jahres wählte Präsident Ali Abdallah Salih die 240 km südlich von Sanaa gelegene Stadt Ta’izz, um dort den 20. Jahrestag der Vereinigung des ehemals geteilten Jemen zu feiern. Die Botschaft, die er an diesem Ort an In- und Ausland richtete, lautete: Der jemenitische Einheitsstaat, der 1990 die beiden Staaten im Norden und Süden abgelöst hat, befinde sich nach wie vor in bester Verfassung und erfreue sich der Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung.

 

Der jemenitische Bürgerkrieg 1994

Von Horst Kopp

Der jemenitische Präsidialrat in Sanaa gab am 7. Juli 1994 unter Vorsitz von General Ali Abdallah Salih das Ende der Kämpfe im Land und die „Rettung der Einheit“ bekannt. Der Preis war hoch: Schätzungen gingen von 7000 Toten, 15.000 Verwundeten und 11 Milliarden DM wirtschaftlichem Schaden aus. Der damalige UNO-Koordinator für den Jemen, Awni al-Ani, meinte im September 1994, der Kampf um die Einheit habe das Land in der Entwicklung um 20 Jahre zurückgeworfen – ein Land, das schon vorher zu den ärmsten in Arabien gezählt hatte. Der Bürgerkrieg war die Konsequenz aus ökonomischen Problemen sowie strategischen Fehlern und strukturellen politischen Mängeln des Vereinigungsprozesses der zwei jemenitischen Staaten nach dem Ende des Kalten Krieges.

 

Jemen versus Südarabien? Zur Entwicklung der Bewegung des Südens

Von Lutz Rogler

20 Jahre nach der Vereinigung von zwei sich als jemenitisch bezeichnenden Staaten – der Jemenitischen Arabischen Republik (JAR) im Norden und der Volksdemokratischen Republik Jemen (VDRJ) im Süden – zur Republik Jemen scheint deren Fortbestand zumindest in ihrer gegenwärtigen Form keineswegs sicher. Eine Protestbewegung im Süden artikuliert seit wenigen Jahren nicht mehr nur politische Opposition gegen das Regime in Sanaa, sondern fordert die Rückkehr des ehemaligen Südjemens zur staatlichen Unabhängigkeit.

 

Geschlechter und Generationen – eine Debatte

Von Elham Manea/Anna Würth

In der letzten Zeit assoziieren die meisten Beobachter mit dem Jemen Bürgerkrieg oder Terroranschläge und reagieren entsprechend mit Vorschlägen für Maßnahmen, die zumindest kurzfristig Entspannung – und vor allem Stabilität – schaffen sollen. Elham Manea und Anna Würth thematisieren hingegen die Personen und Gruppen, die abseits der Schlagzeilen stehen, aber für ein Mehr an Stabilität und Sicherheit wichtig sind: junge Frauen und Männer.

 

Wasser im Jemen: Konflikte und Kooperationen

Von Gerhard Lichtenthaeler

Jemen ist eine der ältesten Bewässerungszivilisationen der Welt. Jahrtausende lang haben Bauern durch Nutzung des verfügbaren Wassers und Bodens nachhaltige Landwirtschaft betrieben. Mittels unzähliger Bergterrassen, ausgefeilter Methoden der Wassergewinnung und gemeinschaftlich verwalteter Flut – und Quellbewässerungssysteme war das Land in der Lage, eine verhältnismäßig große Bevölkerung zu versorgen. Das heißt, bis vor kurzem. Jemen steht jetzt vor einer noch nie da gewesenen Wasserkrise.

 

Al-Qaida, Sezessionsbewegung, Huthis: eine „Achse des Bösen“?       

Von Mareike Transfeld

Wo auch immer über den Jemen berichtet wird, stehen die sicherheitspolitischen Herausforderungen des Landes im Vordergrund. In einem Atemzug werden der Huthi-Konflikt im Norden, die Sezessionsbewegung im Süden und die Terrororganisation Al-Qaida als Teile eines zusammenhängenden Konfliktdreiecks angeführt. Dies ist ganz im Sinne der jemenitischen Politik. So bezeichnete Premierminister Ali Mujawar die drei Akteure unlängst als jemenitische „Achse des Bösen“.

 

Spezialeinsätze im Jemen               

Von Sheila Carapico

Jemeniten und US-Amerikaner, die geglaubt hatten, die Obama-Administration würde Jemens Langzeitpräsidenten Ali Abdallah Salih drängen, Pressefreiheit, regelmäßige Wahlen, Menschenrechte und Kriegregeln zu akzeptieren, sind enttäuscht worden. Washington honoriert offenbar willkürliche Verhaftungen von Reportern, die aus zwei Kriegsgebieten im Inland berichten, auf unbestimmte Zeit verschobene Wahlen, brutales Vorgehen gegen Demonstranten und bewaffnete Rebellen und eine Welle verstärkter Repressionen in den letzten zwölf Monaten im Namen der Terrorismusbekämpfung. Die USA scheinen die Regierung von Salih mit Militärhilfe nicht nur in ihrem Krieg gegen wenige hundert al-Qaida-Kämpfer zu unterstützen, sondern auch bei der Niederschlagung des Volksaufstandes im ehemaligen Südjemen und der al-Huthi-Rebellion im Norden. Diese kurzsichtige Politik wird auf lange Sicht US-Interessen und Werten nur schaden.

 

ALLGEMEINER TEIL

Palästina/Israel   

Die Preisgabe palästinensischer Rechte als Sprache des „Friedens“

Von Joseph Massad

International änderte sich nach Oslo (Oslo-Abkommen von 1993) das Vokabular, sprich das palästinensische Vokabular des nationalen Unabhängigkeitskampfes, des Kampfes gegen die Besetzung und der Beendigung des Landraubs ging über in eine fragwürdige Sprache des Friedens, die institutionalisiert wurde. Wer sich ihr widersetzt, wird als Kriegsbefürworter diffamiert. Joseph Massad untersucht die Mechanismen des Oslo-Abkommens und -prozesses, die von der PA zusammen mit Israel und den USA in Gang gehalten werden, um das palästinensische Streben nach einem Ende der Kolonialisierung und Besetzung durch Israel zu unterbinden. Die Funktion der neuen politischen Klasse in der PA, zusammen mit der Klasse der „Überwacher“, besteht darin, „den Osloer Prozess gegen alle Palästinenser zu verteidigen, die versuchen ihn zu untergraben.“ Die überwachende und die bürokratische Klasse bezieht ihr gesamtes legitimes und illegitimes Einkommen direkt von der PA.

 

Sand im Getriebe des jüdischen „Volkes“ – Einige politische Überlegungen zur Sand-Debatte

Von Shraga Elam

Der israelische Professor Shlomo Sand löste mit seinen Thesen über den mythischen Charakter des jüdischen »Volkes« eine internationale Debatte aus. Was sind die politischen Konsequenzen seiner Behauptungen,  wenn es solche denn überhaupt gibt?

Der anerkannte Historiker der Uni Tel-Aviv, Shlomo Sand, nimmt in seinem kürzlich auf Deutsch erschienenen Buch in Anspruch, Beweise zu haben, dass das jüdische Volk eine Fiktion sei und die meisten Juden gar nicht aus Palästina stammen. Politisch verwickelt sich Sand jedoch in einen Widerspruch. Denn in zahlreichen Interviews und Vorträgen fordert er nicht die Auflösung des Judenstaates bzw. den Rückzug der meisten Juden aus dem Nahen Osten, was seine Thesen ja nahelegen müssten.

 

Israels Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung

Von Alexander Rüsche

„So lange es in diesem Gebiet westlich des Jordans nur ein politisches Gebilde namens Israel gibt, wird es entweder nicht-jüdisch oder undemokratisch sein […]. Wenn dieser Block von Millionen von Palästinensern nicht wählen kann, wird es ein Apartheidsstaat sein.“ Mit diesen Worten warnte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak am 3. Februar 2010 (The Guardian) – wie vor ihm bereits der damalige Premierminister Ehud Olmert (Haaretz, 29.11.2007) – vor einer Gefahr, die für die Existenz des israelischen Staates ein weitaus größeres Bedrohungspotential entfalten könnte, als die in Handarbeit hergestellten  Qassamraketen der Hamas. Über den oft unpräzisen Umgang mit dem Begriff der „Apartheid“ im komparativen Kontext Südafrika und Palästina/Israel schreibt Alexander Rüsche. Er untersucht die Konsequenzen israelischer Siedlungspolitik für eine Zwei-Staaten-Lösung.

 

War das die Debatte zur „Holocaust-Religion“?

Von Shraga Elam

Die Israelin Iris Hefets hat in der taz vom 9. März (Pilgerfahrt nach Auschwitz – Das Holocaust-Gedenken ist zur einer Art Religion geworden) den „Missbrauch“ des NS-Judeozids durch den israelischen Staat und ihm nahestehende Organisationen und Personen und die wachsende jüdische Kritik daran behandelt. Ob es sich hierbei um eine Dämonisierung oder berechtigte Kritik handelt, spielte bei einer Podiumsdiskussion, die die Jüdische Gemeinde Berlin am 27. April, als Antwort auf den Beitrag von Hefets organisiert hatte, keine Rolle. Ihre Kritiker kamen über das: „Wer Israel dämonisiert, spielt damit nur Antisemiten in die Hände“ nicht hinaus. Eingeladen waren Thomas Schmid (Welt), St.-Andreas Casdorff (Tagesspiegel), Ines Pohl (taz). Ausdrücklich nicht eingeladen war Iris Hefets. Im Publikum gab es lautstark Zustimmung und Ablehnung, als Ines Pohl, „Redefreiheit“ für Hefets forderte. Sie verließ aus Protest den Saal, nachdem sie bespuckt und als Nazi beschimpft wurde. Auch als Reaktion lud die taz für den 24. Juni zu einer „entschärften Debatte“ mit Stephan Kramer (Zentralrat), Mischa Brumlik und Ines Pohl, moderiert von Julia Scherf. Stephan Kramer erklärte am Schluss der Veranstaltung seine Gesprächsbereitschaft gegenüber Iris Hefets, die im Publikum weilte. Das Gespräch zwischen den beiden hat die taz am 3./4. Juli publiziert. Shraga Elam verweist auf die in Israel schon lange geführte Debatte um eine heuchlerische Gedenkkultur.

 

Libanon

Hizbullah-Israel: Gleichgewicht des Schreckens?             

Von Manuel Samir Sakmani

Nahezu täglich verletzen israelische Kampfjets den libanesischen Luftraum. Auch suggerieren Militärmanöver und Drohungen in den vergangenen Wochen und Monaten die Bereitschaft Israels, einen neuerlichen Krieg gegen die libanesische Hizbullah zu führen. Israelische Politiker hatten nach der erneuten Regierungsbeteiligung der Hizbullah (November 2009) klargestellt, dass sie in einem künftigen Krieg nicht mehr zwischen ihr und dem libanesischen Staat unterscheiden würden; auch wenn es angesichts der hohen Zahl getöteter Zivilisten und der massiven Zerstörung der Infrastruktur im Zuge vergangener Konfrontationen fraglich ist, ob eine solche Unterscheidung je getroffen wurde. Viele Libanesen sind sich sicher, dass ein weiterer Waffengang letztlich nur eine Frage der Zeit ist.

 

Sudan       

Der Sudan nach den Wahlen                    

Von Roman Deckert

Im April 2010 fanden im Sudan die ersten landesweiten Wahlen seit 1986 statt. Sie waren eine zentrale Komponente des Comprehensive Peace Agreements (CPA), das 2005 den über zwanzig Jahre dauernden Bürgerkrieg im Südsudan und den angrenzenden Gebieten wie den Nubabergen, beendete. Die damaligen Konfliktparteien – die von Präsident Omar al-Bashir geführte National Congress Party (NCP) und das Sudan People’s Liberation Movement (SPLM) – hatten seinerzeit zwar wenig Interesse an Wahlen während der Übergangszeit vor dem Referendum, in dem der Südsudan bis spätestens Januar 2011 über seine mögliche Sezession entscheiden soll. Doch auf westlichen Druck hin war die Bildung einer demokratisch gewählten Regierung als Bedingung für das Plebiszit in das CPA aufgenommen worden. Vereinzelte Forderungen aus dem Westen nach einem Verzicht auf die Wahlen in deren Vorfeld hatten insofern ein Legitimitätsproblem. Die Meinungen über die Wahlen gehen weit auseinander. Farce oder Fortschritt bei der Demokratisierung? Eine differenzierte Betrachtung ergibt ein gemischtes Bild.

 

Philosophie

Zum Tod von Muhammad Abid al-Jabiri           

Von Lutz Rogler

Am 3. Mai starb in Casablanca im Alter von 74 Jahren Muhammad Abid al-Jabiri – ein marokkanischer Intellektueller, der seit den 80er Jahren zu den prominentesten Figuren des „arabischen Denkens“ der Gegenwart gehörte. Von seiner Ausbildung und langjährigen Tätigkeit her war al-Jabiri akademischer Philosoph. Im Unterschied zu vielen seiner Kollegen derselben Generation studierte er nicht in Europa, sondern in Damaskus, und zeit seines Lebens verfasste er auch seine Werke ausschließlich in Arabisch. Nach einer Promotion über Ibn Khaldun etablierte er sich in den 70er Jahren in der universitären Lehre der Philosophie in Rabat. Seit seiner Jugend war er zudem in der linksnationalistischen Union Nationale des Forces Populaires aktiv. Wie viele jüngere Intellektuelle seiner Zeit hatte er in sozialistischen Ideen einen Weg aus der „Rückständigkeit“ der arabischen Gesellschaften gesucht; schnell gelangte er allerdings zu der Auffassung, Sozialismusvorstellungen befänden sich in eben jenen „rückständigen“ Ländern in einer „Krise“.

                       

Wirtschaftskommentar

Desertec – Strom aus der Wüste

Von Edgar Göll

Angesichts der spürbarer werdenden Auswirkungen des Klimawandels und absehbaren Engpässen der Energieversorgung wird die Suche nach Alternativen vielerorts intensiviert. Ein Beispiel ist der Umstand, dass die Wüstengebiete der Erde als riesiges bislang ungenutztes Potenzial zur Nutzung der Sonnenenergie entdeckt werden. Hierzu entstand bereits in den 1980er Jahren die Idee „Strom aus der Wüste“ in städtische Regionen zu transportieren und dazu wurde das Projekt Desertec gegründet.

 

Zeitensprung       

24. April 1915 Deportation der armenischen Intellektuellen aus Istanbul                   

Von Corry Guttstadt

Am  24. April 1915 wurde in Istanbul, die gesamte intellektuelle Führungsschicht der osmanischen Armenier ausgeschaltet. Bis zum Juli 1915 wurde die armenische Bevölkerung Anatoliens fast vollständig deportiert.

Engagierte türkische Intellektuelle, Publizisten und Menschenrechtler haben in den vergangenen 15 Jahren das Tabu um den Völkermord an den Armeniern erfolgreich durchbrochen und setzten trotz drohender Strafverfolgung der staatlichen Leugnung vielfältige Aktivitäten entgegen. Im Jahre 2005 veranstalteten drei Istanbuler Universitäten gemeinsam erstmalig eine Konferenz zum Schicksal der Armenier und im Dezember 2008 initiierte eine Gruppe türkischer Intellektueller die Unterschriftenkampagne „Ich entschuldige mich“.

 

Jemen/Literatur 

Günther Orth: Wajdi al-Ahdal – Schriftsteller im Fadenkreuz der Justiz         

2007 war der Roman Failasuf al-Karantina von Wajdi al-Ahdal, aus dem die hier übersetzten Auszüge stammen, auf der Longlist des arabischen Booker-Preises für Romane. Der Titel (wörtlich „Der Philosoph aus dem Quarantäne-Viertel“) wurde hier im Hinblick auf die Botschaft der Erzählung frei mit „Die Menschwerdung der Würmer“ übersetzt, denn der Autor bedient sich einer ungewöhnlichen Metaphorik: Alle Protagonisten sind Würmer mit menschlichen Attributen, die in der Friedhofserde von Zaima Leichen fressen und Erdöl trinken! Einzig der gelehrte Mashal Hijazi, der im Ausland gelebt hat, wirbt für das Essen von Büchern und das Trinken von Wasser, um dadurch die Würmer zu Menschen zu machen – was ihm am Ende des 450 Seiten starken Romans gelingt.

Die Anspielungen auf Zustände in arabischen Golfmonarchien sind deutlich. Viele Stellen lassen auf Saudi-Arabien schließen, nicht nur weil unter anderem ein radikalisierter „Wurm“ auftaucht, der den „McBurger-Friedhof“ mit Flugzeugen angreift. Der Botschafter des letztgenannten „Friedhofs“ nimmt im Übrigen – um die politischen Anspielungen zu vervollkommnen – regelmäßig an Sitzungen des Herrschers von Zaima bei und diskutiert sogar bei der Abfassung von Fatwas mit.

 

Wajdi al-Ahdal:  Failasuf al-Karantina/Die Menschwerdung der Würmer                                      

Ex mediis                                                                                                                

Gilbert Achcar: The Arabs and the Holocaust (Alexander Flores); Heiko Flottau: Die Eiserne Mauer (Michaela Fischer); Cordelia Koch: Libanon: Verfassung im Kraftfeld von Krieg und Frieden (Karolin Sengebusch); Florian Vetsch: Carnet de Fes – ein Sommer in Marokko (Hadayatullah Hübsch); Assaf Gavron: Hydromania (Malcolm Sylvers); Thorsten G. Schneiders: Islamfeindlichkeit (Constantin Wagner);

Filme: Abi Khali. Mein Vater. Mein Onkel, von Christoph Heller (Wulf Sörgel);  Ajami, von Scandar Copti und Yaron Shani; Jaffa – the Orange´s Clockwork, von Eyal Sivan. Port of Memory, von Kamal al-Jafari (Irit Neidhardt).

 

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