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Gastkommentar
US-Steilvorlagen für die Islamisten
Von Bahman Nirumand


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Die Krise des Systems
Von Asghar Schirazi

Die Wahl Ahmadinejads zum Staatspräsidenten Ende Juni 2005 fand mitten in einem zweifachen Wandlungsprozess der Islamischen Republik Iran statt. Einmal beendete die Wahl die acht bzw. die sechzehnjährige Phase der zaghaften Reform des politischen Systems durch die Regierungen Rafsanjani und Khatami. Zum Zweiten markiert die Wahl einen deutlichen Schritt im konservativen Lager in Richtung auf den Übergang von der Suprematie der elitär-konservativen Geistlichkeit über den Staat zu der Dominanz der extremen Fundamentalisten. Anstatt diesen Prozeß zu beschleunigen, hat ihn Ahmadinejad in eine Reihe von Widersprüche verwickelt. Die Gründe für diesen Prozeß müssen in der Legitimationskrise des Systems gesucht werden, einer Krise, die sich mit dem bitteren Ende des Krieges mit Irak (1980-1988) und dem Tod Khomeinis im Juni 1989 ankündigte und seither an Turbulenz nicht wenig zu bieten hat. Die Krise läßt sich in allen Bereichen der Staatsführung feststellen.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Die wirtschaftliche Macht der Bazaris und die Konservativen Machthaber
Von Jamshid Assadi

Die konservativen Händler und Kaufleute, die nach dem persischen Wort für Markt so genannten Bazaris, gehören eindeutig zu den Gewinnern der Islamischen Revolution in Iran von 1979. Indem sie die Revolution finanzierten, haben sie sich eine Beteiligung an der neuen politischen Macht gesichert. Nun treiben sie ihre wirtschaftlichen Rendite ein. Seit jeher organisieren die Bazaris den Handel von in- und ausländischen Waren. Während in seinen Anfängen der Bazar auch Produktionsstätten umfaßte, bilden heute die außerhalb des Bazars produzierten Waren das eigentliche Geschäft der Bazaris im Groß-, Außen- und Einzelhandel. Der bedeutendste unter den iranischen Bazars ist der Teheraner; die Händler, die hier den Ton angeben, dominieren die Handelsökonomie im ganzen Land.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Gerechtigkeit versprochen, Verwirrung gestiftet
Von Dana Schahsawari

«Herumspazieren auf wackligem Boden» so könnte der Titel eines Buches lauten in dem die Lage der Wirtschaft im Iran seit Januar 2006 beschrieben wird. Schon gegen Ende 2005 sagten Experten eine äußert schwache, instabile und rezessive Wirtschaft für das iranischen Jahr 1385 (21.03.06 – 20.03.07) voraus. Ungeachtet der wirtschaftlichen Sanktionen, die das Land wegen der Atompolitik der Regierung bedrohten, begann das Jahr 1385 mit zwei erstaunlichen Maßnahmen, der von Ahmadinejad persönlich angeordneten Senkung der Zinsen für private Anlagen von 16 auf 14% sowie der plötzlichen, starken Heraufsetzung der Löhne auf Befehl des Ministers für Arbeit und Wohlfahrt. Der nachstehende Beitrag des Teheraner Journalisten Dana Schahsawari zeichnet die Entwicklung der iranischen Wirtschaft im Jahre 1385 nach.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Das Regime und die Änderungsentwürfe für das iranische Arbeitsgesetz
Von Mohammad Maljoo

Im Juni des Jahres 2005 wurde Mahmud Ahmadinejad unerwartet zum Präsidenten der Islamischen Republik Iran gewählt, nach einer intensiven Kampagne, während derer die soziale Gerechtigkeit ganz oben auf seiner Tagesordnung stand. Die Armen und die Arbeiterklasse, die sehr unter der neoliberalen Wirtschaftspolitik in der Zeit nach dem Iran-Irak-Krieg von 1980 bis 1988 gelitten hatten, sind seinem Aufruf, ihn zu wählen, in großen Zahlen gefolgt.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Iran – Regionale Großmacht oder Gernegroß?
Von Johannes Reissner

Iran präsentiert sich gegenwärtig stolz als regionale Großmacht und begegnet den Sanktionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und der Gefahr eines eventuellen Militärschlags gegen die eigenen Atomanlagen mit kernigen Worten. Die seit 27 Jahren ersten direkten offiziellen Gespräche zwischen den USA und Iran am 28. Mai 2007 in Bagdad sind für Teheran der Beweis, daß die USA im Irak auf Iran angewiesen sind. Iran hat ohne Zweifel an regionalem Status gewonnen, doch die Frage bleibt, welche Rolle ihm zuzuschreiben ist: Störfaktor oder tatsächlich eine regionale Großmacht? Auf jeden Fall ist seit der regionalen Neuordnung nach dem Ende des Kalten Krieges eine zunehmende Interaktion und Vernetzung Irans in seiner turbulenten Nachbarschaft zu verzeichnen. Sie erlaubt aber gerade nicht, Irans regionale Rolle einseitig auf die eines Störfaktors oder die eines „Horts der Stabilität“, als der Iran sich selbst sieht, zu reduzieren.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Aserbaidschan: Rammbock der USA gegen Iran?
Von Bahodir Sidikov

Schon mehrmals in der Vergangenheit wurde das Territorium der Republik Aserbaidschan als Aufmarschgebiet gegen den Iran genutzt. Im Zusammenhang mit der Krise um sein Atomprogramm muß die iranische Führung fürchten, daß von dort aus ein neuer Feldzug seinen Anfang nehmen könnte.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Ethnische Konflikte in Iran
Von Asghar Schirazi

Die Islamische Republik Iran wird für zahlreiche Probleme verantwortlich gemacht. Während sich das Ausland für die Atomfrage, den Terrorismus und – im Allgemeinen – den Islamismus sowie – im speziellen – für Erdöl und Absatzmärkte interessiert, leidet die iranische Bevölkerung. Die wirtschaftliche Krise zeigt sich nicht zuletzt in der wuchernden Korruption und der steigenden Zahl an Rauschgiftsüchtigen sowie der anhaltenden politischen und kulturellen Unterdrückung. Ein besonderes Beispiel hierfür sind die nichtpersischen Ethnien im Lande. Die Unterdrückung ihrer Autonomiebewegungen ist in den letzten Jahren stärker geworden. Am 26. Juni 2006 kam es in mehreren Städten mit türkischsprechender Bevölkerung, vor allem in den Provinzen West- und Ost-Aserbaidschan, aber nicht nur dort, zu großen Demonstrationen. Auslöser war eine von den Menschen als beleidigend empfundene Karikatur in der staatlichen Zeitung «Iran», in der eine Küchenschabe türkisch spricht. Es gab Tote und Verletzte.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Die iranische Frauenbewegung – eine historische Kontinuität
Von Soraya Adambakan

Trotz anderslautender Meinungen gründet sich die Frauenbewegung in Iran auf eine hundert Jahre alte Tradition. In dieser Zeit haben sich iranische Frauen nicht nur für die Verbesserung ihrer Rechtslage und ihrer gesellschaftlichen Stellung eingesetzt, sie leisteten auch einen großen Beitrag zu den sozio-politischen Umwälzungen in Iran. Beim Sieg der konstitutionellen Revolution 1906, der islamischen Revolution 1979 und der Präsidentschaftswahl Khatamis 1997 spielten Frauen eine bedeutende Rolle.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Iran Online – neuer Ausweg für die Jugend?
Von Aydin Nasseri

Das soziale Zusammenleben im Iran verläuft durch traditionelle, religiöse und politische Normen in stark geregelten Bahnen. Insbesondere den Jugendlichen fällt es schwer, die staatlich verordneten religiösen Vorschriften zu befolgen, weil sie darin die eigentliche Beschränkung ihrer kulturellen und sozialen Entfaltung sehen. Filme, Musik, Bücher sowie künstlerische Tätigkeiten unterliegen einer strengen Zensur. Die hohe Arbeitslosenquote führt zu einer allgemeinen Perspektivlosigkeit unter jungen Menschen, die ca. 70 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Diese gesellschaftlichen Mißstände veranlassen die iranischen Jugendlichen, ihre sozialen, kulturellen und politischen Aktivitäten in die virtuelle Welt des Internets zu verlagern, um wenigstens so die allgegenwärtigen Restriktionen in der Realität zu umgehen. Doch auch im Internet herrscht angesichts weit reichender Zensurmaßnahmen sowie infrastruktureller Unterentwicklung eine große Diskrepanz zwischen staatlicher Kontrolle und jugendlichem Freiheitsdrang.


Allgemeiner Teil

Algerien – USA
Terrorismus und US-Geopolitik
Die Rolle Algeriens im Anti-Terrorkampf der USA

Von Werner Ruf

Kurzfristig schienen die mörderischen Anschläge vom 11. April auf den Regierungssitz mitten in Algier und auf eine Polizeistation mit über 30 Toten und weit über hundert Verletzten die innige Verbundenheit der US-Regierung mit den Machthabern in Algier erheblich gestört zu haben: Algier protestierte schärfstens gegen einen Hinweis auf der Webseite der US-Botschaft, die für den 14. April weitere schwere Attentate ankündigte. Der Geschäftsträger der US-Botschaft wurde ins Außenministerium einbestellt, Premierminister Belkhadem sprach öffentlich von einer „unzulässigen Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ Algeriens und von „Manipulation“. Die Vorsitzende der trotzkistischen Partei der Arbeit, Louisa Hanoun, erklärte, diese Attentate seien vom Ausland gesteuert worden und gab zu verstehen, daß dahinter nur die USA stecken könnten. Und Innenminister Zerhouni erklärte in der Liberté (14.4.07) enigmatisch: „Es gibt vielleicht andere Interessen als politisch-religiöse.“


Syrien

Die syrische Ökonomie in der Ära Bashar al-Asad
Von Jürgen M. Amann

Bashar al-Asad ist es bislang nicht gelungen, die syrische Wirtschaft auf einen stabilen Wachstumskurs zu bringen. Neben externen Faktoren sind hierfür in erster Linie institutionelle Defizite verantwortlich. Bashar scheint wesentlichen Grundsätzen seines Vaters und Vorgängers Hafiz al-Asad treu zu bleiben: Machtsicherung heißt das oberste Ziel. Volkswirtschaftliche Aspekte scheinen nachrangig. Bisherige Reformen erzielten größtenteils partielle Wirkung, konnten aber aufgrund der mangelnden Einbindung in ein übergeordnetes Konzept nicht in erforderlichem Maß zu einer nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beitragen. Viel Zeit scheint Syrien indes nicht mehr zu bleiben. Tiefgreifende strukturelle Reformen und eine Modernisierung der syrischen Wirtschaft sind zwingend notwendig und längst überfällig. Aber trotz wachsendem Druck erscheint es nach wie vor zweifelhaft, ob innerhalb des Regimes der politische Wille für einen umfangreichen und Machtverluste mit sich bringenden Maßnahmenkatalog vorhanden ist.


Türkei

Dokumentation
Auszüge aus der Rede des Generalstabschefs Büyükanit vom 12. April 2007

Am Donnerstag, den 12.4. 2007, trat der Generalstabschef Büyükanit zum ersten Mal seit seiner Amtsübernahme im August vergangenen Jahres mit einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit. In seiner Ansprache ging er auf folgende Themen ein: Ethnizität und Politik, Nationalismusdebatte, Wahl des Staatspräsidenten, Kurdenfrage und Politik der EU.
Büyükanit sprach in dieser Rede nicht von islamistischen Tendenzen und Gefahren, sondern von dem Problem der Politisierung von Ethnizität und der Gefährdung des Nationalismus. Wir dokumentieren Auszüge aus seiner Rede.

Dokumentation
Beschluß BA-08/07 des türkischen Generalstabs vom 27. April 2007 erschien nur auf der Website des Nationalen Sicherheitsrat.


Westsahara

„Autonomie“ ist nicht identisch mit der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts
Von Axel Goldau
Bereits vor mehr als 30 Jahren dachte die spanische Kolonialmacht nicht im Traume daran, den Menschen der Westsahara ihr Recht auf Selbstbestimmung zuzugestehen und versuchte, einmal mit falschen Versprechungen, einmal mit brutaler Gewalt die „Hispanität“ der Westsahara, der „Sáhara Español“, zu verewigen. Durch das Ende der spanischen Diktatur und durch Druck seitens der USA und Frankreichs verschacherte Spanien die Westsahara an Marokko, das nun wiederum mit allerlei Tricks und brutaler Gewalt die „Marokkanität“ der Westsahara, die „marokkanischen Südprovinzen“, zu verfestigen versucht. Neben den USA und Frankreich kann sich Marokko einer darüber noch hinausgehenden „Koalition der Willigen“ sicher sein, daß es auch weiterhin ungestraft das Völkerrecht und die Menschenrechte massiv verletzen kann.


Musik

„The Syrian Female Oriental Group“ – klassische arabische Musik mit Frauenpower
Von Kristin Helberg

Nicht, daß arabische Musik Männersache wäre – das haben die Ägypterin Umm Kalthum und die Libanesin Feiruz schon vor Jahrzehnten widerlegt. Aber Frauen machen in der arabischen Welt fast ausschließlich als Sängerinnen von sich reden, während traditionelle Instrumente wie Nai (Flöte), Qanun (Zither) oder Oud (Laute) fest in Männerhand sind. Jetzt erobern fünf junge Musikerinnen aus Syrien diese letzte Männerbastion arabischer Musik.


Wirtschaftskommentar

Mossad- und Shabak-Veteranen in der freien Wirtschaft
Von Ephraim Davidi

Die ehemalige Ministerin Shulamit Aloni schrieb am 24. Mai 2006 in Ha’aretz („Ethics and Security, Indeed“), daß man sie in der Knesset „mundtot gemacht“ habe, als sie versuchte, israelische Waffenverkäufe an die argentinische Militärdiktatur zur Sprache zu bringen. „Zu jener Zeit haben sie mich nicht nur mundtot gemacht, sondern der ehemalige Knessetabgeordnete Yigal Horowitz drohte mir mit den Worten: ‚Wagen sie nicht, ihren Mund aufzumachen.’“ Der Haaretz-Journalist Yossi Melman meint, daß der „Sicherheitsexport“ eine der letzten heiligen Kühe im israelischen öffentlichen Diskurs sei.


Zeitensprung

Die Nakba – Vertreibung der Palästinenser
Von Ingrid Rumpf

Am 29. November 1947 beschloß die Vollversammlung der UNO, das britische Mandatsgebiet Palästina in einen „Jüdischen Staat“, einen „Arabischen Staat“ und die Stadt Jerusalem als corpus separatum, unter UN-Verwaltung, zu teilen (UN-Resolution 181(II). Alle drei Komponenten sollten in einer Wirtschaftsunion zusammengeschlossen werden. 33 von 56 UN-Mitgliedsstaaten stimmten für die Resolution. Zu diesem Zeitpunkt machte das palästinensisch-arabische Volk etwa zwei Drittel der Bevölkerung aus (ca. 1,2 Millionen), die jüdischen Einwanderer das fehlende Drittel (ca. 600.000) . Die arabischen Einwohner sollten entsprechend der UN-Resolution etwa 45%, die jüdischen Einwohner ca. 55% des britischen Mandatsgebiets erhalten. Ungefähr 750 000 Palästinenser wurden 1948/49 vertrieben.


EX LIBRIS

Gilbert Achcar / Michael Warschawski: Der 33-Tage-Krieg. Israels Krieg gegen die Hisbollah im Libanon und seine Folgen.
Von Beate Hinrichs

Atef Botros (Hrsg.): Der Nahe Osten – ein Teil Europas? Reflektionen zu Raum- und Kulturkonzeptionen im modernen Nahen Osten
Von Daniel Kinitz

Nicole Janz/ Thomas Risse (Hrsg.): Menschenrechte – Globale Dimensionen eines universellen Anspruchs.
Von Christoph Willmitzer

Klaus-Michael Mallmann, Martin Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina.
Von Klaus Polkehn

Kai Wiedenhöfer: Wall.
Von Beate Hinrichs

Gastkommentar
US-Steilvorlagen für die Islamisten
Von Bahman Nirumand


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Die Krise des Systems
Von Asghar Schirazi

Die Wahl Ahmadinejads zum Staatspräsidenten Ende Juni 2005 fand mitten in einem zweifachen Wandlungsprozess der Islamischen Republik Iran statt. Einmal beendete die Wahl die acht bzw. die sechzehnjährige Phase der zaghaften Reform des politischen Systems durch die Regierungen Rafsanjani und Khatami. Zum Zweiten markiert die Wahl einen deutlichen Schritt im konservativen Lager in Richtung auf den Übergang von der Suprematie der elitär-konservativen Geistlichkeit über den Staat zu der Dominanz der extremen Fundamentalisten. Anstatt diesen Prozeß zu beschleunigen, hat ihn Ahmadinejad in eine Reihe von Widersprüche verwickelt. Die Gründe für diesen Prozeß müssen in der Legitimationskrise des Systems gesucht werden, einer Krise, die sich mit dem bitteren Ende des Krieges mit Irak (1980-1988) und dem Tod Khomeinis im Juni 1989 ankündigte und seither an Turbulenz nicht wenig zu bieten hat. Die Krise läßt sich in allen Bereichen der Staatsführung feststellen.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Die wirtschaftliche Macht der Bazaris und die Konservativen Machthaber
Von Jamshid Assadi

Die konservativen Händler und Kaufleute, die nach dem persischen Wort für Markt so genannten Bazaris, gehören eindeutig zu den Gewinnern der Islamischen Revolution in Iran von 1979. Indem sie die Revolution finanzierten, haben sie sich eine Beteiligung an der neuen politischen Macht gesichert. Nun treiben sie ihre wirtschaftlichen Rendite ein. Seit jeher organisieren die Bazaris den Handel von in- und ausländischen Waren. Während in seinen Anfängen der Bazar auch Produktionsstätten umfaßte, bilden heute die außerhalb des Bazars produzierten Waren das eigentliche Geschäft der Bazaris im Groß-, Außen- und Einzelhandel. Der bedeutendste unter den iranischen Bazars ist der Teheraner; die Händler, die hier den Ton angeben, dominieren die Handelsökonomie im ganzen Land.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Gerechtigkeit versprochen, Verwirrung gestiftet
Von Dana Schahsawari

«Herumspazieren auf wackligem Boden» so könnte der Titel eines Buches lauten in dem die Lage der Wirtschaft im Iran seit Januar 2006 beschrieben wird. Schon gegen Ende 2005 sagten Experten eine äußert schwache, instabile und rezessive Wirtschaft für das iranischen Jahr 1385 (21.03.06 – 20.03.07) voraus. Ungeachtet der wirtschaftlichen Sanktionen, die das Land wegen der Atompolitik der Regierung bedrohten, begann das Jahr 1385 mit zwei erstaunlichen Maßnahmen, der von Ahmadinejad persönlich angeordneten Senkung der Zinsen für private Anlagen von 16 auf 14% sowie der plötzlichen, starken Heraufsetzung der Löhne auf Befehl des Ministers für Arbeit und Wohlfahrt. Der nachstehende Beitrag des Teheraner Journalisten Dana Schahsawari zeichnet die Entwicklung der iranischen Wirtschaft im Jahre 1385 nach.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Das Regime und die Änderungsentwürfe für das iranische Arbeitsgesetz
Von Mohammad Maljoo

Im Juni des Jahres 2005 wurde Mahmud Ahmadinejad unerwartet zum Präsidenten der Islamischen Republik Iran gewählt, nach einer intensiven Kampagne, während derer die soziale Gerechtigkeit ganz oben auf seiner Tagesordnung stand. Die Armen und die Arbeiterklasse, die sehr unter der neoliberalen Wirtschaftspolitik in der Zeit nach dem Iran-Irak-Krieg von 1980 bis 1988 gelitten hatten, sind seinem Aufruf, ihn zu wählen, in großen Zahlen gefolgt.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Iran – Regionale Großmacht oder Gernegroß?
Von Johannes Reissner

Iran präsentiert sich gegenwärtig stolz als regionale Großmacht und begegnet den Sanktionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und der Gefahr eines eventuellen Militärschlags gegen die eigenen Atomanlagen mit kernigen Worten. Die seit 27 Jahren ersten direkten offiziellen Gespräche zwischen den USA und Iran am 28. Mai 2007 in Bagdad sind für Teheran der Beweis, daß die USA im Irak auf Iran angewiesen sind. Iran hat ohne Zweifel an regionalem Status gewonnen, doch die Frage bleibt, welche Rolle ihm zuzuschreiben ist: Störfaktor oder tatsächlich eine regionale Großmacht? Auf jeden Fall ist seit der regionalen Neuordnung nach dem Ende des Kalten Krieges eine zunehmende Interaktion und Vernetzung Irans in seiner turbulenten Nachbarschaft zu verzeichnen. Sie erlaubt aber gerade nicht, Irans regionale Rolle einseitig auf die eines Störfaktors oder die eines „Horts der Stabilität“, als der Iran sich selbst sieht, zu reduzieren.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Aserbaidschan: Rammbock der USA gegen Iran?
Von Bahodir Sidikov

Schon mehrmals in der Vergangenheit wurde das Territorium der Republik Aserbaidschan als Aufmarschgebiet gegen den Iran genutzt. Im Zusammenhang mit der Krise um sein Atomprogramm muß die iranische Führung fürchten, daß von dort aus ein neuer Feldzug seinen Anfang nehmen könnte.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Ethnische Konflikte in Iran
Von Asghar Schirazi

Die Islamische Republik Iran wird für zahlreiche Probleme verantwortlich gemacht. Während sich das Ausland für die Atomfrage, den Terrorismus und – im Allgemeinen – den Islamismus sowie – im speziellen – für Erdöl und Absatzmärkte interessiert, leidet die iranische Bevölkerung. Die wirtschaftliche Krise zeigt sich nicht zuletzt in der wuchernden Korruption und der steigenden Zahl an Rauschgiftsüchtigen sowie der anhaltenden politischen und kulturellen Unterdrückung. Ein besonderes Beispiel hierfür sind die nichtpersischen Ethnien im Lande. Die Unterdrückung ihrer Autonomiebewegungen ist in den letzten Jahren stärker geworden. Am 26. Juni 2006 kam es in mehreren Städten mit türkischsprechender Bevölkerung, vor allem in den Provinzen West- und Ost-Aserbaidschan, aber nicht nur dort, zu großen Demonstrationen. Auslöser war eine von den Menschen als beleidigend empfundene Karikatur in der staatlichen Zeitung «Iran», in der eine Küchenschabe türkisch spricht. Es gab Tote und Verletzte.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Die iranische Frauenbewegung – eine historische Kontinuität
Von Soraya Adambakan

Trotz anderslautender Meinungen gründet sich die Frauenbewegung in Iran auf eine hundert Jahre alte Tradition. In dieser Zeit haben sich iranische Frauen nicht nur für die Verbesserung ihrer Rechtslage und ihrer gesellschaftlichen Stellung eingesetzt, sie leisteten auch einen großen Beitrag zu den sozio-politischen Umwälzungen in Iran. Beim Sieg der konstitutionellen Revolution 1906, der islamischen Revolution 1979 und der Präsidentschaftswahl Khatamis 1997 spielten Frauen eine bedeutende Rolle.


Schwerpunkt: IRAN – Die Krise des Systems

Iran Online – neuer Ausweg für die Jugend?
Von Aydin Nasseri

Das soziale Zusammenleben im Iran verläuft durch traditionelle, religiöse und politische Normen in stark geregelten Bahnen. Insbesondere den Jugendlichen fällt es schwer, die staatlich verordneten religiösen Vorschriften zu befolgen, weil sie darin die eigentliche Beschränkung ihrer kulturellen und sozialen Entfaltung sehen. Filme, Musik, Bücher sowie künstlerische Tätigkeiten unterliegen einer strengen Zensur. Die hohe Arbeitslosenquote führt zu einer allgemeinen Perspektivlosigkeit unter jungen Menschen, die ca. 70 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Diese gesellschaftlichen Mißstände veranlassen die iranischen Jugendlichen, ihre sozialen, kulturellen und politischen Aktivitäten in die virtuelle Welt des Internets zu verlagern, um wenigstens so die allgegenwärtigen Restriktionen in der Realität zu umgehen. Doch auch im Internet herrscht angesichts weit reichender Zensurmaßnahmen sowie infrastruktureller Unterentwicklung eine große Diskrepanz zwischen staatlicher Kontrolle und jugendlichem Freiheitsdrang.


Allgemeiner Teil

Algerien – USA
Terrorismus und US-Geopolitik
Die Rolle Algeriens im Anti-Terrorkampf der USA

Von Werner Ruf

Kurzfristig schienen die mörderischen Anschläge vom 11. April auf den Regierungssitz mitten in Algier und auf eine Polizeistation mit über 30 Toten und weit über hundert Verletzten die innige Verbundenheit der US-Regierung mit den Machthabern in Algier erheblich gestört zu haben: Algier protestierte schärfstens gegen einen Hinweis auf der Webseite der US-Botschaft, die für den 14. April weitere schwere Attentate ankündigte. Der Geschäftsträger der US-Botschaft wurde ins Außenministerium einbestellt, Premierminister Belkhadem sprach öffentlich von einer „unzulässigen Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ Algeriens und von „Manipulation“. Die Vorsitzende der trotzkistischen Partei der Arbeit, Louisa Hanoun, erklärte, diese Attentate seien vom Ausland gesteuert worden und gab zu verstehen, daß dahinter nur die USA stecken könnten. Und Innenminister Zerhouni erklärte in der Liberté (14.4.07) enigmatisch: „Es gibt vielleicht andere Interessen als politisch-religiöse.“


Syrien

Die syrische Ökonomie in der Ära Bashar al-Asad
Von Jürgen M. Amann

Bashar al-Asad ist es bislang nicht gelungen, die syrische Wirtschaft auf einen stabilen Wachstumskurs zu bringen. Neben externen Faktoren sind hierfür in erster Linie institutionelle Defizite verantwortlich. Bashar scheint wesentlichen Grundsätzen seines Vaters und Vorgängers Hafiz al-Asad treu zu bleiben: Machtsicherung heißt das oberste Ziel. Volkswirtschaftliche Aspekte scheinen nachrangig. Bisherige Reformen erzielten größtenteils partielle Wirkung, konnten aber aufgrund der mangelnden Einbindung in ein übergeordnetes Konzept nicht in erforderlichem Maß zu einer nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beitragen. Viel Zeit scheint Syrien indes nicht mehr zu bleiben. Tiefgreifende strukturelle Reformen und eine Modernisierung der syrischen Wirtschaft sind zwingend notwendig und längst überfällig. Aber trotz wachsendem Druck erscheint es nach wie vor zweifelhaft, ob innerhalb des Regimes der politische Wille für einen umfangreichen und Machtverluste mit sich bringenden Maßnahmenkatalog vorhanden ist.


Türkei

Dokumentation
Auszüge aus der Rede des Generalstabschefs Büyükanit vom 12. April 2007

Am Donnerstag, den 12.4. 2007, trat der Generalstabschef Büyükanit zum ersten Mal seit seiner Amtsübernahme im August vergangenen Jahres mit einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit. In seiner Ansprache ging er auf folgende Themen ein: Ethnizität und Politik, Nationalismusdebatte, Wahl des Staatspräsidenten, Kurdenfrage und Politik der EU.
Büyükanit sprach in dieser Rede nicht von islamistischen Tendenzen und Gefahren, sondern von dem Problem der Politisierung von Ethnizität und der Gefährdung des Nationalismus. Wir dokumentieren Auszüge aus seiner Rede.

Dokumentation
Beschluß BA-08/07 des türkischen Generalstabs vom 27. April 2007 erschien nur auf der Website des Nationalen Sicherheitsrat.


Westsahara

„Autonomie“ ist nicht identisch mit der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts
Von Axel Goldau
Bereits vor mehr als 30 Jahren dachte die spanische Kolonialmacht nicht im Traume daran, den Menschen der Westsahara ihr Recht auf Selbstbestimmung zuzugestehen und versuchte, einmal mit falschen Versprechungen, einmal mit brutaler Gewalt die „Hispanität“ der Westsahara, der „Sáhara Español“, zu verewigen. Durch das Ende der spanischen Diktatur und durch Druck seitens der USA und Frankreichs verschacherte Spanien die Westsahara an Marokko, das nun wiederum mit allerlei Tricks und brutaler Gewalt die „Marokkanität“ der Westsahara, die „marokkanischen Südprovinzen“, zu verfestigen versucht. Neben den USA und Frankreich kann sich Marokko einer darüber noch hinausgehenden „Koalition der Willigen“ sicher sein, daß es auch weiterhin ungestraft das Völkerrecht und die Menschenrechte massiv verletzen kann.


Musik

„The Syrian Female Oriental Group“ – klassische arabische Musik mit Frauenpower
Von Kristin Helberg

Nicht, daß arabische Musik Männersache wäre – das haben die Ägypterin Umm Kalthum und die Libanesin Feiruz schon vor Jahrzehnten widerlegt. Aber Frauen machen in der arabischen Welt fast ausschließlich als Sängerinnen von sich reden, während traditionelle Instrumente wie Nai (Flöte), Qanun (Zither) oder Oud (Laute) fest in Männerhand sind. Jetzt erobern fünf junge Musikerinnen aus Syrien diese letzte Männerbastion arabischer Musik.


Wirtschaftskommentar

Mossad- und Shabak-Veteranen in der freien Wirtschaft
Von Ephraim Davidi

Die ehemalige Ministerin Shulamit Aloni schrieb am 24. Mai 2006 in Ha’aretz („Ethics and Security, Indeed“), daß man sie in der Knesset „mundtot gemacht“ habe, als sie versuchte, israelische Waffenverkäufe an die argentinische Militärdiktatur zur Sprache zu bringen. „Zu jener Zeit haben sie mich nicht nur mundtot gemacht, sondern der ehemalige Knessetabgeordnete Yigal Horowitz drohte mir mit den Worten: ‚Wagen sie nicht, ihren Mund aufzumachen.’“ Der Haaretz-Journalist Yossi Melman meint, daß der „Sicherheitsexport“ eine der letzten heiligen Kühe im israelischen öffentlichen Diskurs sei.


Zeitensprung

Die Nakba – Vertreibung der Palästinenser
Von Ingrid Rumpf

Am 29. November 1947 beschloß die Vollversammlung der UNO, das britische Mandatsgebiet Palästina in einen „Jüdischen Staat“, einen „Arabischen Staat“ und die Stadt Jerusalem als corpus separatum, unter UN-Verwaltung, zu teilen (UN-Resolution 181(II). Alle drei Komponenten sollten in einer Wirtschaftsunion zusammengeschlossen werden. 33 von 56 UN-Mitgliedsstaaten stimmten für die Resolution. Zu diesem Zeitpunkt machte das palästinensisch-arabische Volk etwa zwei Drittel der Bevölkerung aus (ca. 1,2 Millionen), die jüdischen Einwanderer das fehlende Drittel (ca. 600.000) . Die arabischen Einwohner sollten entsprechend der UN-Resolution etwa 45%, die jüdischen Einwohner ca. 55% des britischen Mandatsgebiets erhalten. Ungefähr 750 000 Palästinenser wurden 1948/49 vertrieben.


EX LIBRIS

Gilbert Achcar / Michael Warschawski: Der 33-Tage-Krieg. Israels Krieg gegen die Hisbollah im Libanon und seine Folgen.
Von Beate Hinrichs

Atef Botros (Hrsg.): Der Nahe Osten – ein Teil Europas? Reflektionen zu Raum- und Kulturkonzeptionen im modernen Nahen Osten
Von Daniel Kinitz

Nicole Janz/ Thomas Risse (Hrsg.): Menschenrechte – Globale Dimensionen eines universellen Anspruchs.
Von Christoph Willmitzer

Klaus-Michael Mallmann, Martin Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina.
Von Klaus Polkehn

Kai Wiedenhöfer: Wall.
Von Beate Hinrichs