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Am Donnerstag meldete die libanesische Tageszeitung As-Safir, dass 18 ägyptische Hubschrauberpiloten nach Syrien entsandt wurden, um Damaskus bei der Bekämpfung des Terrorismus zu helfen. Sie sollen in Hama gegen die maßgeblich vom Westen und den Golfstaaten finanzierten und ausgerüsteten Dschihadisten im Einsatz sein. Al-Masdar News schrieb am gleichen Tag von der Ankunft ägyptischer Kampfflugzeuge in Hama.

Obwohl die Meldungen im Moment nur schwer zu präzisieren sind, spricht doch alles dafür, dass der ägyptische Staatschef Abd al-Fattah as-Sissi eine Ankündigung von Montag, dem 21. November, wahrmacht. Anlässlich eines Besuchs in Portugal hatte er dem dortigen Fernsehsender RTP gegenüber angekündigt, fortan „Syrien, Libyen und den Irak“ im Kampf gegen den Terrorismus insbesondere des „Islamischen Staats“ (IS) unterstützen zu wollen.

Darüber hinaus scheint sich eine Spaltung unter den arabischen Staaten und ein Seitenwechsel Ägyptens anzudeuten, der gegenwärtig zahlreiche Spekulationen aufkommen lässt. Ein weiteres Indiz dafür ist der vierte Afrika-Arabien-Gipfel in der äquatorialguineischen Metropole Malabo am vergangenen Mittwoch. Marokko hatte diesen verlassen, weil auch die Demokratische Arabische Republik Sahara (Westsahara) an ihm teilnahm, im Gegensatz zu Marokko ein Gründungsmitglied der Afrikanischen Union. Die Golfstaaten mit Saudi-Arabien an der Spitze schlossen sich Marokko an, jedoch nicht Ägypten, unter seinem Präsidenten Gamal Abdel Nasser eines der Ursprungsländer von Panafrikanismus und Panarabismus. Schon im Oktober hatte Präsident as-Sissi trotz Protesten Marokkos eine Delegation der Westsahara empfangen.

Die Meldungen, die mittlerweile in immer mehr Zeitungen kommentiert werden, lassen genauer auf einen Bruch zwischen Ägypten und Saudi-Arabien schließen, obwohl Riad es war, das Sissi beim Sturz des nach dem „arabischen Frühling“ demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi unterstützt hatte, einem Vertreter der Muslimbrüder, denen Riad unter anderem übelnimmt, sich auf demokratische Wahlen eingelassen zu haben, und die über den Satellitensender Al-Jazeera vom benachbarten Qatar aus lange eine Berichterstattung entgegen den Interessen Riads betrieben hatten. Nun ist die Rede von einer neuen Allianz Ägyptens mit Algerien, wo die Mehrheit der aus der von Marokko widerrechtlich besetzten Westsahara geflohenen Sahrauis seit 40 Jahren in Flüchtlingslagern lebt und das sich zunehmend von den westlichen Staaten und deren Verbündeten umzingelt fühlt, sowie mit Syrien, Irak, Iran und Russland. Kuwait soll für gestoppte saudische Öllieferungen aufkommen, die Frage der beiden Inseln Tiran und Sanafir im Roten Meer, die Sissi ursprünglich den Saudis schenken wollte, wird jetzt in Ägypten vor Gericht verhandelt.

Ägypten ist wie Syrien unter anderem auf dem Sinai ebenfalls mit Dschihadisten konfrontiert, die Gruppierungen wie al-Qaida oder dem IS angehören sollen. Vor einem Jahr stürzte über dem Sinai eine russische Verkehrsmaschine ab, die in Scharm al-Scheich gestartet war und sich auf dem Weg nach St. Petersburg befand. Alle 224 Insassen kamen ums Leben. Der IS erklärte, den Airliner mit an Bord geschmuggelten Bomben zum Absturz gebracht zu haben. Erst am Sonntag, dem 20. November, war von der Aushebung zahlreicher Terrorzellen in Ägypten die Rede. Angeblich habe der IS geplant gehabt, as-Sissi, aber auch den saudischen Kronprinzen Mohammed ben Nayef zu ermorden.

Im Oktober verließ Al-Masdar News zufolge Ägypten die von Saudi-Arabien angeführte und von den USA und anderen westlichen Ländern unterstützte Koalition gegen den Jemen, der auch Marokko angehört. Das ägyptische Militär war dort zuvor an Luftangriffen gegen die Rebellen der Ansarollah bzw. Huthi beteiligt. Der von den Saudis begonnene Krieg hat das ärmste arabische Land in eine schwere humanitäre Krise gestürzt. Der Austritt aus der Kriegsallianz soll kurz nach einem Treffen des ägyptischen Geheimdienstchefs mit seinem syrischen Amtskollegen in Kairo erfolgt sein. Die saudische Aggression gegen Jemen hat Berichten zufolge ferner dazu geführt, dass al-Qaida- und IS-Verbände in dem geschundenen Land ganze Provinzen übernehmen konnten.

Ein weiterer Grund für ein weiterreichendes Zerwürfnis zwischen Kairo und Riad könnte Kommentatoren zufolge in einer möglichen Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Äthiopien bestehen. Ägypten befürchtet, dass ein äthiopisches Staudammprojekt am Blauen Nil die eigene Wasserzufuhr gefährden könne. Erst am Sonntag, den 21. November, war der äthiopische Premier Hailemariam Desalegne in Riad unter anderem von Kronprinz ben Nayef zu Gesprächen empfangen worden.

(26.11.2016 As-Safir/Al-Masdar News/RTP/Al-Akhbar Libanon/Al-Quds al-arabi)