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»Kritische Politische Ökonomie des Nahen- und Mittleren Ostens«

Heft Nr. 90
Jahrgang 23, Sommer 2017, 70 Seiten
Juli 2017

Mit Beiträgen von:

Sascha Radl, Adam Hanieh, Adam Pal, Brecht de Smet, Marie Wehner, Barış Yıldırım, Foti Benlis, Ava Matheis, Nora V. Schmid, Jens Heibach, Diana Bashur, Patrick Cockburn, Eleonora Roldán Mendívil. Alexander Flores, Roman Deckert, Imad Mustafa, Asghar Schirazi, Adrian Paukstat und Werner Ruf.

Inhalte im Schwerpunkt

Einführung in die Politische Ökonomie des Nahen und Mittleren Ostens                                              

Von Sascha Radl

In der vorliegenden inamo-Ausgabe beschäftigen wir uns im Schwerpunktbereich erstmals mit der Kritischen Politischen Ökonomie des Nahen- und Mittleren Ostens (MENA, Middle East and North Africa). Die Idee existiert schon lange, das Jahr 2017 bot den passenden Anlass: Im Jahr 1867, vor genau 150 Jahren, veröffentlichte Karl Marx – zusammen mit Friedrich Engels, der Begründer des hier vorgestellten Ansatzes – seinen ersten Kapital-Band. Doch ist unser Ziel nicht etwa in längst verwässerten Erinnerungen zu schwelgen, sondern zu zeigen, wie bedeutend und aktuell das Gesamtwerk von Marx und Engels noch heute ist – auch für die Nahostforschung und Nahostberichterstattung. Damit alle Leserinnen und Leser unabhängig von ihrem Vorwissen aus den folgenden Artikeln etwas mitnehmen können, haben wir dieses kleine Editorial eingeschoben, welches grundlegende Fragen zur Kritischen Politischen Ökonomie klärt. Im Vordergrund steht die Verständlichkeit, wodurch es an manchen Stellen durchaus zu Vereinfachungen kommt.

Ein Petrodollar und ein Traum

Von Adam Hanieh

Ein auffallendes Merkmal aller politischen Entwicklungen in der arabischen Welt heute ist die herausragende Rolle der sechs Staaten des Golfkooperationsrates (GCC): Saudi-Arabien, Qatar, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Oman. Von Beginn der arabischen Aufstände in den späten 2010er Jahren waren diese Staaten – insbesondere Saudi-Arabien und Qatar – an einer Reihe von Aufsehen erregenden finanziellen, diplomatischen und militärischen Initiativen beteiligt, wobei sie als die wichtigsten Vermittler amerikanischer und europäischer Nahost-Politik tätig wurden und daran arbeiteten, die Kämpfe in der Region zu unterwandern und in ihrer Ausrichtung zu steuern.

Pakistan: Die immer größer werdende Macht Chinas

Von Adam Pal

Der China Pakistan Economic Corridor (CPEC) ist in den letzten Jahren zu einem Grundpfeiler der Staatspolitik Pakistans geworden. Sämtliche Politiken und wirtschaftliche Aktivitäten der herrschenden Klasse drehen sich um dieses Projekt. Die Herrschenden behaupten, dass dieser Wirtschaftskorridor Wohlstand und Fortschritt in das Land bringen und Milch und Honig fließen lassen wird. Die Themen Arbeitslosigkeit, Armut, Bildung und medizinische Versorgung werden von dieser Propaganda übertönt und der Korridor wird als Allheilmittel für alle Probleme, denen das Land gegenübersteht, präsentiert. Jedwede terroristische Aktivität und jeder Korruptionsskandal wird als Verschwörung gegen diesen Korridor dargestellt.

Fünf Jahre Revolution und Gegenrevolution in Ägypten

Von Brecht de Smet

Fünf Jahre nach dem Aufstand am 25. Januar 2011 und der folgenden 18-tägigen Protestwelle in Ägypten, die die Welt erschütterten, ist das Ergebnis dieses revolutionären Vorgangs ernüchternd.

 

 

„Ihr habt unsere Träume verbrannt…“– Arbeitslosenproteste in Algerien

Von Marie Wehner

Der Artikel behandelt Arbeitslosenproteste im Süden Algeriens vor dem Hintergrund der neoliberalen Wirtschaftsentwicklung Algeriens. Am Beispiel von Protesten im Jahr 2013 und 2016 wird die Reaktion des algerischen Regimes analysiert und anhand der sich veränderten Finanzlage des Landes erklärt.

Der fragile Bonapartismus in der Türkei                                 

Von Barış Yıldırım/Foti Benlisoy

Da das türkische Parlament der Verfassungsänderung zustimmte, wurde ein Referendum durchgeführt, das Präsident Recep Tayyip Erdogan ganz knapp für sich entschied. Welche Kräfte können nun den Kampf gegen dieses autoritäre Präsidialsystem weiterführen? Erdogans bonapartistischer Schwenk lässt weder Stabilität für die herrschende Klasse noch eine Lösung für die Krise des Neoliberalismus erwarten.

Das jordanische Migrationsregime – eine kritische Analyse

Von Ava Matheis

Der Artikel liefert eine Übersicht über die sozialen Kämpfe um jordanische Migrations- und Arbeitskraftpolitik insbesondere vor dem Hintergrund der Krise des jordanischen neoliberalen Entwicklungsmodells und der Krise des europäischen Grenz- und Migrationsregimes. Im Mittelpunkt der Analyse steht das Strategiepapier Jordan Compact, mit dessen Umsetzung die jordanische Regierung syrischen Geflüchteten erstmals Zugang zum Arbeitsmarkt gewährte. Gerahmt wird der Artikel von Überlegungen zur Notwendigkeit kritischer Migrationsforschung.

Zur neoliberalen Transformation des Kairoer Stadtkerns

Von Nora V. Schmid

Der Artikel beschreibt die Umstrukturierung des Kairoer Stadtkerns ab 2008 und ordnet diese in den Kontext der fortschreitenden Neoliberalisierung des Landes ein. Downtown Kairo soll für Investitionen attraktiv gemacht und öffentlicher Raum kommerzialisiert werden. Dadurch werden untere Klassen ihres Wohnraums und ihrer Arbeitsplätze beraubt.

Inhalte im allgemeinen Teil

Gastkommentar

Die verhinderte Führungsmacht Saudi-Arabien

Von Jens Heibach

Die Waffen-Industrie „tötet und schafft Flüchtlinge„!

Von Diana Bashur

In den beiden letzten Jahren gab es in Europa und den Vereinigten Staaten heftige Debatten über die Kosten der Aufnahme von syrischen und anderen Flüchtlingen. Über einen anderen Aspekt ihrer Verwicklung in den Konflikt herrschte dagegen völliges Schweigen: den Umfang der Waffenverkäufe in den Nahen Osten.

Die syrische  Katastrophe – Syrien  2013–2014

Von Patrick Cockburn

Die Fernsehberichterstattung und ein Großteil des Printjournalismus ist, was den Syrienkrieg betrifft, stark verzerrt und zeichnet das Bild einer bösen Regierung, die ein heldenmütiges Volk unterdrückt. Hinweise darauf, dass auch andere Kräfte am Werk sind, werden ignoriert, schreibt Patrick Cockburn am 12. Februar 2012. Als Beispiel führt er den Selbstmordanschlag gegen Schiiten in Aleppo am Freitag (10.02.2012) an. Bei diesem Attentat wurden 28 Menschen getötet und 235 verletzt. Cockburn ist der Auffassung, dass sunnitische Selbstmordattentäter nun in Syrien ebenso vorgehen würden, wie der IS im Irak. Die Opposition erklärte sofort, „dass die Selbstmordanschläge ein listiges Manöver des syrischen Regimes seien, um die Opposition zu diskreditieren… Beglückt berichteten die BBC, Al-Jazeera und die meisten Zeitungen über die Zurückweisung der Verantwortung seitens der Opposition oder erklärten, die Frage sei offen, wer hinter den Bombenanschlägen stecke.

 

Vom Gebrauch des Begriffs Zionismus

Von Eleonora Roldán Mendívil

Die Autorin behandelt die Schwierigkeiten, die sich bei dem Versuch auftun, den politischen Zionismus im Rahmen der Kolonialismusforschung zu untersuchen. Dabei zeigt sich, dass gängige Argumente gegen kritische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, welche sich für palästinensische Rechte einsetzen, ihren Ursprung im Kontext eines rassistischen Exzeptionalismus haben. Die Autorin plädiert für ein dialektisches Verständnis von Partikularität und Universalität im Kontext der Analyse des Nahostkonflikts, auch in der innerdeutschen Debatte.

 

Zeitensprung

Die Legitimität des Staates Israel: 100 Jahre Deklarationen und Beschlüsse

Von Alexander Flores

Sudan/Südsudan

Der Pyramiden-Krieg der qatarischen Prinzessin

Von Roman Deckert

 

Ex Mediis

Heftkritik iz3W (358) „Dschihadismus“  (Imad Mustafa)

Charlotte Wiedemann: Der neue Iran. Eine Gesellschaft tritt aus dem Schatten  (Asghar Schirazi)

Lutz Fiedler: „Matzpen: Eine Andere Israelische Geschichte“ (Adrian Paukstat)

Sebastian Sons: Auf Sand gebaut. Saudi-Arabien – Ein problematischer Verbündeter. (Werner Ruf)

Helmut Mejcher: Der Nahe Osten im Zweiten Weltkrieg (Alexander Flores)

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