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Der Pariser Strafgerichtshof hat am Donnerstag, 9. Juni, eine Klage Marokkos wegen übler Nachrede gegen den französisch-marokkanischen Exboxer Zakaria Moumni als „unzulässig“ abgelehnt. Im vergangenen Jahr hatte der frühere Weltmeister im Thaiboxen im französischen Fernsehen auf BFM TV und iTele berichtet, wie er im Jahr 2010 vom marokkanischen Geheimdienst in Temara bei Rabat vier Tage lang gefoltert wurde. Dies soll seinen Angaben zufolge in Anwesenheit und auf Befehl von Geheimdienstchef Abdellatif Hammouchi geschehen sein. 2014 hatte Moumni deswegen in Paris Klage wegen Folter eingelegt. Damals hatte Marokko wegen der eingeleiteten Ermittlungen die gegenseitige Rechtsbeihilfe mit Frankreich aufgekündigt. Das hinderte das Königreich allerdings nicht, Moumni für seinen Fernsehauftritt wegen Diffamierung verklagen zu wollen. Marokko leugnet die Existenz eines Folterzentrums in Temara, Vorwürfe, die Menschenrechte zu missachten, weist Rabat weit von sich. Allerdings, kommentierte der Journalist Ali Lmrabet auf seiner Seite Demainonline, sei es auffällig, dass Marokko im eigenen Land alle Gerichtsverfahren gegen Kritiker gewinnt, während es sie im Ausland stets verliert. Der Streit mit Frankreich um die Anklage gegen Hammouchi war erst beigelegt worden, als Paris demselben 2015 – den Orden der Ehrenlegion verlieh.
Das Königreich hatte noch keine Zeit, auf den neuerlichen Rückschlag bei dem Versuch zu reagieren, sein Bild im Ausland zu schönen, da musste es sogleich den nächsten hinnehmen: Freitag, den 10. Juni, ließ nämlich der Pariser Strafgerichtshof eine weitere Anklage wegen Folter zu: diesmal von Seiten des sahrauischen Menschenrechtsaktivisten Naama Asfari. Dieser war im November 20 als angeblicher Organisator eines Protestcamps der Sahrauis in Gdeim Izik verhaftet worden, bei dessen gewaltsamer Auflösung durch die marokkanische Polizei es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kam. Gemeinsam mit 23 weiteren Aktivisten wurde er 2013 vor ein Militärtribunal gestellt. Asfari erhielt 30 Jahre Haft. Ein angebliches Geständnis war seinen Angaben zufolge unter Folter erzwungen. Die Klage in Frankreich war mit Hilfe der Menschenrechtsorganisation ACAT eingebracht worden. Aus ihren Reihen verlautbarte, dass das Gericht nun auch in Marokko ermitteln werde. An seinem Wohnort Ivry-sur-Seine in Frankreich war Asfari im Mai zum Ehrenbürger ernannt worden.
Zakaria Moumni hatte 1999 im Alter von 19 Jahren in Malta für Marokko den Weltmeistertitel im Leichtkontakt-Kickboxen errungen. Nach Marokko zurückgekehrt, berief er sich auf einen Dahir, einen Erlass, demzufolge jeder Weltmeister Anrecht hat auf eine Beraterstelle im nationalen Sportverband. Zwar erhielt Moumni als „Grima“ bzw. königliche Rente zwei Taxilizenzen zugesprochen. Der Posten als Sportfunktionär aber blieb ihm vorenthalten. 2010 protestierte er wegen der konstanten Verweigerung seiner Rechte vor der Sommerresidenz König Mohammeds VI. im französischen Betz und wurde von der französischen Polizei abgeführt. Im September 2010 wurde Moumni auf dem Flughafen in Rabat festgenommen, worauf er, wie er angibt, nach Temara verbracht, dort misshandelt und schließlich in einem Schnellverfahren auf Grundlage einer erfundenen Anklage unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Nach 18 Monaten Haft wurde Moumni Anfang 2012 vom König „begnadigt“. Marokko hat bis heute nicht nachgelassen, Moumni zu diffamieren. Das hat nicht verhindert, dass der Exboxer Moumni zu einer Symbolgestalt im Kampf der Marokkaner um ihre Menschen- und Bürgerrechte wurde. (Reuters, L’Express, Le Monde, Demainonline, Yabiladi, ACAT)