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Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika schickte im September überraschend den Chef des gefürchteten Militärgeheimdienstes Département du Renseignement et de la Sécurité (DRS), General Mohamed „Tewfik“ Mediène, in den vorzeitigen Ruhestand. Was wie ein einfacher Personalwechsel anmutet, ist ein politisches Erdbeben für Algeriens herrschende Klasse. Der jahrelange erbitterte Machtkampf innerhalb des autoritär geführten Militärregimes in Algier hat damit seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Bouteflika ernannte Athmane Tartag zum neuen starken Mann an der Spitze des DRS. Gründe für Mediènes Entlassung wurden nicht genannt und geben Anlass zu Spekulationen. Der pensionierte General Tartag war die langjährige Nummer Zwei des DRS und für den Anti-Terror-Kampf und innere Sicherheit verantwortlich. 2013 wurde er von seinem Posten abgezogen und stand seither dem Staatschef als Berater zur Seite.
Neben Bouteflika selbst galt der seit 1990 amtierende Mediène als mächtigster Mann des Landes. Unter seiner Ägide mauserte sich der DRS zum Staat im Staate. Spionage, Anti-Terror-Kampf, Infiltration, innere Sicherheit und Propaganda; der DRS mischte überall mit, schuf unter Mediène ein alles durchdringendes Netzwerk im Staats- und Sicherheitsapparat und war für die Drecksarbeit des Regimes zuständig.
Mediènes Entlassung gingen derweil zahlreiche Umstrukturierungen im Sicherheitsapparat voraus, die auf Veränderungen der regimeinternen Machtdynamiken hinweisen. Schon 2013 begann das Bouteflika nahe stehende Lager damit den DRS sukzessive zu entmachten. Präsidialgarde, juristische Polizei und andere Abteilungen des Geheimdienstes wurden der Kontrolle des DRS entzogen und der Armee oder Bouteflika selbst übertragen. Auch 2015 wurden mehrere Führungsposten im Sicherheitsapparat neu besetzt.
Treibende Motivation der verschiedenen Lager in Algeriens fragmentiertem Machtapparat um Einfluss im Sicherheitsapparat dürfte der Kampf um Bouteflikas Nachfolge sein. Der 78jährige ist gesundheitlich stark angeschlagen. Dennoch bleibt fraglich, ob Bouteflika mit Mediènes Absetzung seine regimeinternen Rivalen endgültig kaltgestellt hat oder ob es sich bei dem Konflikt vielmehr um einen öffentlichkeitswirksam inszenierte Machtkampf zwischen DRS und Bouteflika handelt, um den Unmut der Bevölkerung über die anhaltenden sozialen Probleme im Land zu kanalisieren. Schließlich steht das Regime, das für seine interne verhandlungsorientierte Konfliktlösung bekannt ist, angesichts dieser Probleme unter enormem Druck.