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Ein halbes Jahr, nachdem die syrische Regierung die bewaffnete Jihadisten aus der Stadt vertrieben hat, ist sie weiterhin mit Problemen konfrontiert. Obwohl die Zivilisten nach und nach in die östlichen Gebiete der Stadt zurückkehren – es leben heute mehr Menschen dort, als während der Herrschaft der Rebellen – geht der Wiederaufbau der ausgebombten Gebiete nur schleppend voran. Hinzu kommt eine anhaltend instabile Sicherheitslage, obwohl Asads Vorherrschaft in Aleppo gefestigt ist.

Konkret geht es um Beschwerden von Bürgern aus allen politischen Lagern über das gesetzlose Verhalten einiger der zahlreichen Milizen, die auf Seiten der Regierung kämpfen und in der Stadt noch immer aktiv sind.

Während der Großteil der bewaffneten Kräfte Asads an die festgefahrene Frontlinie gegen von der Türkei unterstützte Rebellen in Idlib verlegt wurde, und der andere Teil für den Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat in die Nähe von Raqqa geschickt wurde, gibt es in Aleppo immer noch eine große Zahl lokaler Milizen und sogenannter Volkskomitees. Einige dieser Gruppen sind mittlerweile berüchtigt dafür, Wohnhäuser und Läden in den ehemaligen Rebellengebieten zu plündern, Händler an Checkpoints zu erpressen und Zivilisten zu misshandeln, die sich dagegen wehren.

Obwohl diese Gruppen sowohl von der Opposition gehasst werden, als auch unter Anhänger der Regierung sehr unpopulär sind, werden sie sehr häufig von hochrangingen Kadern in den Geheimdiensten geschützt. Die Regierung verlässt sich noch immer auf deren Dienste und in vielen Fällen profitieren Offizielle von ihrer Kriminalität. Deshalb haben die Behörden in Aleppo, trotz wachsender öffentlicher Ablehnung, nichts gegen dieses Verhalten unternommen. Sporadisches Durchgreifen der Polizei und Versuche des Aleppo-Sicherheitskomitees unter der Führung von Lt. Gen. Zaid al-Saleh, an den Checkpoints Gesetze gegen die Schmuggler durchzusetzen verliefen im Sand.

Anfang Juni hat Aleppo eine Reihe von brutalen und sinnlosen Miliz-Verbrechen erlebt, darunter die Ermordung eines angesehenen syrisch-armenischen Zahnarztes und die sinnlose Ermordung eines dreizehnjährigen Jungens, Ahmad Jawish. Der Mord wurde in allen syrischen Medien verurteilt, selbst in denjenigen, die stramm zur Regierung stehen. Danach scheint es einen Sinneswandel bei der Zentralregierung gegeben zu haben.

Bashar al-Asad hat einen seiner Top-Geheimdienstleute nach Aleppo geschickt: Staatssicherheitsdirektor Lt. Gen. Mohammed Dib Zeitoun. Der Präsidentenpalast hat ihn beauftragt, eine Sicherheitsoffensive gegen das organisierte Verbrechen und  die Milizen zu koordinieren. Lokale Behörden sind gleichzeitig damit beschäftigt, den Sicherheitssektor zu reorganisieren. Zu diesen Behörden gehört auch Saleh´s Sicherheitskomitee, der Polizeichef der Provinz Lt. Gen. Essam al-Shelli sowie die lokale Abteilung der Baath-Partei, angeführt von Fadel al-Najjar.

Erfolg oder Misserfolg von Dib Zeitouns Durchgreifen könnte uns viele Hinweise über die Fähigkeit der baathistischen Regierung geben, normale Zustände da in Syrien wiederherzustellen,  wo die Rebellen geherrscht haben – und man sicher sein, dass sowohl Syrer, als auch Ausländer ein Auge auf das werfen werden, was in Aleppo geschieht. (Aron Lund, June 22nd, 2017)